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Vatikanstadt
- Der frühere italienische Polizeipräsident der Adriastadt
Fiume, Giovanni Palatucci, der zwischen 1937 und 1944 rund
7.000 Juden das Leben rettete, dürfte demnächst selig
gesprochen werden. Das kirchliche Verfahren für den am
10.Februar 1945 im KZ Dachau ums Leben gekommenen Katholiken
sei jetzt auf Diözesan-Ebene in Rom abgeschlossen worden,
meldete Radio Vatikan. Israel hat den ehemaligen
Polizeipräsidenten von Fiume, dem heutigen Rjieka in
Kroatien, bereits als «Gerechten unter den Völkern» geehrt.
Während der Anhörungen, die im Oktober 2002 begonnen hatten,
wurden 41 Zeugen vernommen und zahlreiche Dokumente
gesichtet. Die Unterlagen gehen jetzt zur Prüfung an die
vatikanische Heiligsprechungs-Kongregation. Palatucci habe
sich aus christlicher Überzeugung über die Rassengesetze von
1938 hinweggesetzt, betonte der Postulator des Prozesses,
Don Gianfranco Zuncheddu, im Vatikansender.
Potsdam
- Der Abraham Geiger Preis
wurde im Jahr 1999 anlässlich der Gründung des Abraham
Geiger Kollegs an der Universität Potsdam als erstem
deutschen Rabbinerseminar nach der Schoa gestiftet. Er
würdigt im kommenden Jahr eine herausragende Stimme für die
Humanität. Abraham Geiger (1810-1874) hatte drei Leitmotive
des Handelns. Er glaubte zutiefst an die Freiheit von
Gewissen und Glauben, an die Freiheit der Wissenschaft und
an die Freiheit aller Menschen. Die Jury hat im November
entschieden, dem französischen Politikwissenschaftler Alfred
Grosser den Abraham Geiger Preis 2004 zuzuerkennen.
Offenheit, Mut, Toleranz und Gedankenfreiheit als Ertrag der
Aufklärung sollen damit als Grundlage für den Umgang von
Juden miteinander ebenso gewürdigt werden, wie in den
Beziehungen mit unserem nichtjüdischen Umfeld. Alfred
Grosser erhielt den Preis am 25. Februar 2004 im Rahmen
einer Feierstunde in der französischen Botschaft in Berlin.
Mit ihm setzt sich die Reihe großer Preisträger fort. Im
Jahr 2000 erhielt Frau Prof. Dr. Susannah Heschel den
Abraham Geiger Preis für ihr Buch Der jüdische Jesus und
das Christentum. Im Jahr 2002 wurde der jüdische
Religionsphilosoph Prof. Dr. Emil Fackenheim der Abraham
Geiger Preis für sein philosophisches Lebenswerk verliehen.
San
Francisco -
Iris liebt
Ann und Ann liebt Iris. Seit 25 Jahren sind die beiden
Frauen aus den USA ein Paar - jetzt haben die 57-Jährigen
ihre Beziehung mit dem amtlichen Siegel versehen lassen.
Seit 12.Februar dürfen homosexuelle Paare in der liberalen
US-Westküstenstadt San Francisco heiraten, denn
Bürgermeister Gavin Newsom setzte sich einfach über das in
den USA geltende Verbot der Homo-Ehe hinweg. Hunderte
Schwule und Lesben aus dem ganzen Land stürmen seither das
Rathaus der Stadt. Die Eile hat einen einfachen Grund: Schon
am 17.Februar könnte ein Gericht die umstrittenen Trauungen
wieder stoppen.
Iris Harrell und Ann Benson haben es geschafft: Als sie
Händchen haltend aus dem Rathaus kommen, können sie einer
jubelnden Menge ihre Urkunde mit der Aufschrift
Lebenspartner präsentieren. Lasst mich mal sehen, falls
wir es nicht mehr schaffen, ruft eine Frau ihnen zu. Ich
bin so neidisch, sagt eine andere Frau aus der Reihe der
Gratulanten. Harrell und Benson wollten eigentlich bereits
am Samstag vor den Standesbeamten treten, um zwölf Uhr
mittags am Valentinstag. Doch die Stadtverwaltung schickte
sie wegen des gewaltigen Andrangs wieder nach Hause.
Das Warten hat sich auf jeden Fall gelohnt, sagt Harrell
jetzt umso glücklicher. Wir finden, die USA hinken in
dieser Sache viel zu sehr hinterher. Wir dachten schon, wir
werden mit 90 Jahren immer noch nicht in unserem eigenen
Land heiraten können. Was sie mit der Urkunde macht, weiß
Harrell schon: Einrahmen und an die Wand hängen. Die Paare
wissen, dass die Zertifikate rein symbolischer Natur sind:
Auf Steuererleichterungen oder etwa Änderungen im
Eigentumsrecht können sie nicht hoffen.
Dem Zulauf im Rathaus von San Francisco tut das keinen
Abbruch. Kaum sind Ann und Iris zu Frau und Frau erklärt
worden, wird das nächste Paar in den Trausaal hereingebeten.
Eine Warteschlange mit rund 400 Homosexuellen zieht sich
durch das Gebäude, führt durch die Cafeteria die Treppe
hinauf und endet vor dem Standesbeamten. Die städtischen
Angestellten legten extra eine Wochenendschicht ein, 200
Freiwillige wurden zur Verstärkung eingesetzt. Heiraten wie
am Fließband: Angesichts der drängenden Zeit geht es nicht
anders. Zwar lehnte ein Richter in San Francisco am Freitag
eine einstweilige Verfügung ab. Aber Gegner der Homo-Ehe
drohen mit einer Prozesslawine. Möglicherweise schon am
Dienstag macht ein Gericht den Homo-Trauungen ein Ende.
Insofern drängt die Zeit. David Hersh, der seinen
Partner Victor Skita heiratete, bringt die Gedanken der
Wartenden auf einen Punkt: Jetzt oder nie. Entsprechend
entschlossen demonstrieren die Schwulen und Lesben in San
Francisco für Gleichbehandlung. Mit Campingstühlen,
Wasserflaschen und Verpflegung ausgerüstet, harren sie zu
Hunderten vor dem Rathaus aus. Männer im harten Leder-Outfit
stehen neben Männern im Smoking, Frauen mit rasiertem
Schädel, Jeans und Piercings warten im fröhlichen Einklang
mit Schwestern in romantischen Abendkleidern oder
klassischen Kostümen. Tom Hurlbut aus dem Bundesstaat
Connecticut wiegt einen Strauß Lilien und Nelken im Arm.
Ich fühle mich heute wie eine Braut, sagt er.
Überhaupt kein Verständnis für das, was sich im Rathaus von
San Francisco derzeit abspielt, hat dagegen Helene
Hildegard. Die Menschen sind nett und hübsch, aber manchmal
werden wir von den falschen Dingen beeinflusst, sagt die
Frau mit dem Poncho voller christlicher Symbole und dem
deutschen Akzent, die sich neben einem Mann mit US-Flagge
auf die Stufen des Rathauses ausgebreitet hat. Hildegard
hält demonstrativ eine Karte mit einem Bild von Mutter
Teresa fest und sagt: Ich denke nicht, dass sie heiraten
sollten. Ich bin hier, um zu beten. Damit liegt sie voll
auf der Linie von US-Präsident George W. Bush. Er erwägt
bereits eine Initiative, um das Verbot der Homo-Ehe in der
Bundesverfassung festzuschreiben.
Paris
- Sie wettert gegen die Islamisierung Frankreichs. Er
fabuliert von einem Frankreich mit 25 Millionen Muslimen, in
dem diese das Sagen haben. Sie empört sich über Flüchtlinge,
die unsere Kirchen schänden und stürmen, um sie in
menschliche Schweineställe zu verwandeln, hinter den Altar
scheißen. Er wähnt die Franzosen künftig mit gesenktem
Blick durch die Straßen schleichen, denn wer einem Muslim in
die Augen schaue, müssen mit Dresche rechnen. Sie ist
Brigitte Bardot, einst Filmstar und Inkarnation einer freien
und modernen Zeit, nun eine misanthropische Tierschützerin.
Er ist Jean-Marie Le Pen, Vorsitzender der
rechtsextremistischen Nationalen Front. Beide hätten sich
eigentlich am 13.2.2004 nacheinander vor der 17. Pariser
Strafkammer wegen Anstiftung zum Rassenhass verantworten
sollen. Doch das Gericht verschob die Bardot-Verhandlung
kurzfristig auf Anfang Mai und Le Pen ließ sich vor Gericht
von seinem Anwalt vertreten. Die Bewegung gegen Rassismus
und für Völkerfreundschaft MRAP hatte gegen Bardots Buch
Ein Schrei in der Stille Anzeige erstattet, die
Menschenrechtsliga brachte Le Pen wegen eines Le
Monde-Interviews einmal mehr vor Gericht. 275.000 Exemplare
verkaufte der Verlag Editions du Rocher von Bardots
Pamphlet, in dem die 69-Jährige wahlweise gegen moderne
Kunst und Architektur, Umweltverschmutzung, das Tempolimit
auf den Autobahnen, den französischen Abkürzungswahn oder
Rave-Partys zu Felde zieht. BB hängt in dem nach
Verlagsangaben meistverkauften französischen Buch des
letzten Jahres zugleich einer diffusen Nostalgie nach und
schwärmt von einer Zeit mit menschlichen Dimensionen,
einfach, bezaubernd, ohne Gewalt und Pornographie, ohne
Konsum um jeden Preis.
Daneben ergeht sich Bardot in Passagen, die die MRAP in der
Tradition der Propaganda des Dritten Reichs sieht. Sie
greife auch Homosexuelle und Behinderte an. Nur die Tiere
scheinen von dieser Lawine aus Schmutz und Hass verschont zu
bleiben. Rassismus aber sei keine Meinung, sondern eine
Straftat, begründete die Organisation ihre Anzeige. Der
MRAP zufolge wurde Bardot bereits drei Mal wegen
rassistischer Äußerungen verurteilt, unter anderem in ihrem
Kreuzzug gegen das rituelle Schächten von Schafen. Nur zwei
französische Politiker finden Gnade vor Bardots Augen: die
Trotzkistin Arlette Laguiller und eben Le Pen, der seinen
Ideen allen Widerständen zum Trotz treu sei. Der
Vorsitzende der Nationalen Front hat wegen seiner
antisemitischen und fremdenfeindlichen Ausfällen schon
mehrfach Bekanntschaft mit der Justiz gemacht. Einst
bezeichnete er die Gaskammern als Detail in der Geschichte
des Zweiten Weltkriegs. Gezielte Provokationen gehören für
ihn zum politischen Handwerk, nächsten Monat möchte der
75-Jährige bei den Regionalwahlen ein ähnliches Erdbeben
auslösen wie mit seinem Sensationserfolg bei der
Präsidentschaftswahl vor zwei Jahren, als er es bis in die
Stichwahl schaffte. Und noch etwas verbindet die
Angeklagten: Bardots vierter Mann, Bernard d'Ormale, steht
der Nationalen Front nahe.
Köln
- Die Staatsanwaltschaft ermittelt nicht mehr gegen den
Kölner Kardinal Joachim Meisner wegen angeblicher
Beleidigung Homosexueller. Das Verfahren wurde nach
Behördenangaben eingestellt. Meisner hatte im Oktober in
einem Vortrag gesagt, Homosexualität sei in der
Schöpfungsordnung «nicht vorgesehen». Danach hatte der
Lesben- und Schwulentag Meisner angezeigt. Da Meisner über
Homosexualität allgemein und nicht über Homosexuelle
gesprochen habe, sei das Verfahren eingestellt worden, hieß
es.
Schwerin - Die homosexuellen Männer gehören für den
Berliner Historiker Jan-Henrik Peters zu den «vergessenen
Opfern» der Nationalsozialisten. «Gedenktafeln sind rar»,
sagt der 38-Jährige Wissenschaftler. Im Konzentrationslager
Buchenwald sei solch eine Tafel nur gegen starke Widerstände
durchgesetzt worden. Und am Nollendorfplatz im Berliner
Stadtteil Schöneberg gebe es seit den 80er Jahren an einem
kommunalen Gebäude eine kleine Erinnerungstafel. Rund drei
Jahre lang erforschte der Historiker in einem mit
öffentlichen Mitteln geförderten Projekt des Landesverbandes
der Lesben und Schwulen «Gaymeinsam» die Geschichte
Homosexueller in Mecklenburg-Vorpommern. Die Ergebnisse
sollen in diesem Jahr in der Schriftenreihe des
Landeshauptarchivs Schwerin veröffentlicht werden. Insgesamt
seien rund 10.000 schwule Männer während der NS-Zeit in
Konzentrationslagern interniert worden, schätzt Peters. Etwa
9.000 davon seien mittlerweile namentlich bekannt. Dieses
dunkle Kapitel in Deutschland werde erst seit etwa zehn
Jahren auf Initiative von Interessenverbänden erforscht.
Peters untersuchte nicht nur die Verfolgung Homosexueller
während des NS-Regimes. Zwar bilde die NS-Zeit wegen der
Quellenlage und der Schwere der damaligen Verbrechen den
Schwerpunkt. Doch auch davor und danach hat es dem Forscher
zufolge Diskriminierungen von Schwulen gegeben. Unter etwa
300 Fällen von Verfolgung wegen homosexueller Handlungen,
die der Historiker insgesamt in den Archiven ausfindig
machen konnte, sind allerdings nur etwa zehn Fälle, die
nicht in die Zeit zwischen 1933 und 1945 gehören. Der
älteste ihm bekannte Fall stammt von 1789. Es geht um einen
Ackerpächter aus Webelsfelde bei Gadebusch, dem Unzucht mit
seinen Knechten vorgeworfen wurde, sagt der Historiker.
Im 19. Jahrhundert sei der Pastor Ludwig Dolberg aus
Rövershagen bei Rostock zwar letztendlich vom Vorwurf
homosexueller Handlungen frei gesprochen worden, war danach
aber persönlich und finanziell ruiniert. Der jüngste Fall
stammt aus dem Jahr 1952. Damals musste sich in Warnemünde
der Leiter eines Wohnheims gegen den Vorwurf wehren, sich an
Lehrlingen vergangen zu haben, was aber nicht bewiesen
wurde. Weitaus erschütternder sind jedoch Peters
Erkenntnisse über die NS-Zeit. Als besonderen Fall nennt er
Helmuth Brückner, der bis 1935 Gauleiter von Schlesien war.
Er wurde wegen Homosexualität aus der NSDAP ausgeschlossen
und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Anders als viele
andere Schwule wurde Brückner als bekennender Nazi aber
vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen.
Homosexuelle, die sich nicht den Nazis andienten, mussten
mit Haftstrafen, Einlieferung in Konzentrationslager,
Kastration und sogar Todesstrafe rechnen. Drei vollstreckte
Todesurteile hat Peters in Mecklenburg-Vorpommern ermitteln
können. Da es in dem ländlich strukturierten Gebiet keine
Großstädte mit schwuler Subkultur gab, steckten dahinter
immer Denunziationen. Doch daran will sich heute offenbar
kaum noch jemand erinnern. Eine Gedenktafel für die Opfer
gibt es jedenfalls bis heute nicht.
New
York - Die Vereinten Nationen werden künftig keine
Unterschiede mehr zwischen gleichgeschlechtlichen und
heterosexuellen Partnern bei einigen ihrer Mitarbeiter
machen. Voraussetzung ist, dass das Heimatland des
entsprechenden Mitarbeiters homosexuelle und lesbische Ehen
oder Partnerschaften anerkenne, sagte UN-Sprecherin Marie
Okabe am Donnerstag in New York. Die Regelung trat am 1.
Februar in Kraft und Fragen wie die Aufenthaltsgenehmigung,
Versicherung und Pensionsansprüche betreffen.
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